Freitag, 22. Januar 2010

Historiker tritt für mehr Volksbegehren ein


Neujahrsempfang Bürgerinitiative Zukunft (BIZ) - Ex-Direktor des Landeshauptarchivs Gastredner
KOBLENZ. Seit Februar vergangenen Jahres gibt es die Bürgerinitiative Zukunft (BIZ) für Koblenz, die bei den Kommunalwahlen im Sommer auf Anhieb zehn Prozent der Stimmen erobern konnte. Am Sonntagabend nun lud die BIZ Parteimitglieder und Freunde zu einem Neujahrsempfang ins Coenen-Palais nach Ehrenbreitstein. Als Festredner sprach der Historiker Professor Dr. Heinz-Günther Borck, ehemaliger Direktor des Koblenzer Landeshauptarchivs, über repräsentative Demokratie, Parteien und Bürgergesellschaft.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes. Doch diesen Grundsatz sieht der Historiker Dr. Heinz-Günther Borck in der heutigen Bundesrepublik verwässert. Vor allem kritisiert er, dass Volksbegehren auf Länderebene an gewisse Regeln geknüpft sind, die so für Wahlen nicht gelten. "So muss ein bestimmter Prozentsatz der Stimmberechtigten überhaupt an einem Volksbegehren teilnehmen, damit dieses gültig ist. Für Wahlen in Deutschland gibt es dieses Quorum allerdings nicht", betonte Hans-Günther Borck. Dass die Väter des Grundgesetzes aufgrund der Erfahrung der Weimarer Republik Volksabstimmungen wenig Raum gegeben haben, hält er zudem für einen Fehlschluss aus der Geschichte. "Die Weimarer Republik ist nicht an ihren beiden Volksentscheiden zugrunde gegangen, sondern an den Parteien, die im März 1933 dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben", so der heute an der Universität in Trier lehrende Historiker, der außerdem auch die indirekte Wahl des Bundespräsidenten kritisierte. "Zumindest sollte man überdenken, ob eine mittelbare Wahl durch das Volk nicht besser wäre", so Heinz-Günther Borck.
(Artikel Rhein-Zeitung, Lokalteil Koblenz, Ausgabe Di 19.01.2010)