Sonntag, 3. Oktober 2010

Erste Einsparungen wurden nach Rekord-Haushaltsdefizit im Stadtrat Koblenz beschlossen

Haushalt / Stadtrat Sitzung vom 16. September 2010 

In seiner Sitzung am 16. September 2010 befasste sich der Koblenzer Stadtrat mit der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung zur "Haushaltskonsolidierung Haushaltsjahre 2010 ff". Hintergrund dieser Maßnahme ist die Forderung der Kommunalaufsichtsbehörde ADD zur Erstellung eines Haushaltsrestrukturierungsprogramms, nachdem der Stadtrat zu Jahresbeginn einen Haushalt mit mehr als 72 Millionen Euro Defizit vorgelegt hatte. Die ADD befürchtet eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung.
Die Vorschläge zu Einsparungen für das laufende Jahr und die Jahre 2011 bis 2013 fallen jedoch vergleichsweise bescheiden aus. Insgesamt sollen in diesem Zeitraum Einnahmeverbesserungen und Einsparungen von nur um 4,4 Millionen Euro vorgenommen werden. Die Einsparungen für das laufende Jahr sollen im Nachtragshaushaltsplan 2010 vorgenommen werden.
Der aktuelle Schuldenstand der Stadt Koblenz liegt bei mittlerweile 400 Millionen Euro und so fordert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der BIZ, Stephan Wefelscheid auch höhere Einsparmaßnahmen als die zaghaften 4,4 Millionen Euro (bis 2013).
Der Fraktionsvorsitzende der FBG brachte es auf den Punkt: "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein."
Ein Ratsmitglied der CDU benannte die Widersprüchlichkeit der Landesbehörde ADD in ihren Entscheidungen wie folgt: "Alles, was das Land an Maßnahmen wünscht, wird durch Zuschüsse unterstützt und genehmigt." Der Koblenzer Haushalt werde von Land und ADD quasi als "Durchführungshaushalt" des Landes gesehen. Das sieht die BIZ genauso.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzender der Grünen kritisierte, bei dem vorgelegten Papier handele es sich lediglich um "kleine Korrekturen", indes würden kostspielige Großvorhaben nicht infrage gestellt.
Auch wenn sich die Einnahmen der Stadt durch anziehende Gewerbesteuereinnahmen verbessern sollten, der Schuldenberg von 400 Millionen Euro, der sich nach Aussage des Oberbürgermeisters in den kommenden vier Jahren verdoppeln soll, wird nur durch strukturelle Lösungen verringert werden können. Dazu gehört auch die kritische Prüfung verschwenderischer Luxus-Prestigeprojekte.

Café Rheinanlagen – Investor offenbar nicht zur Kooperation mit der Stadt Koblenz bereit

Bauwesen / Stadtrat Sitzung vom 16. September 2010 

Der Stadtrat hatte sich zuletzt mehrfach mit dem Entwurf des städtebaulichen Vertrages zum Café Rheinanlagen beschäftigt. Da der Investor seine Zustimmung dazu verweigerte, konnte auch der entsprechende Bebauungsplan Nr. 126 nicht beschlossen werden. Die Veränderungssperre wurde daraufhin letztmalig um ein weiteres Jahr verlängert. Die Situation ist jetzt so, dass wenn der Stadtrat nicht innerhalb dieses Jahres einen Bebauungsplan auf den Weg gebracht hat, der Investor eine Baugenehmigung nach § 34 BauGB beantragen darf. Danach wäre ein Bauvorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Ein Baugenehmigungsverfahren nach § 34 BauGB ist aber in der Regel für die städtebaulich planende Gemeinde nicht erstrebenswert, weil man nur noch wenig Einfluss auf die Gestalt des späteren Baukörpers nehmen kann.
Um stattdessen die notwendig Entwicklung eines stadtplanerisch ausgewogenen Bebauungsplans rechtzeitig auf den Weg bringen zu können, sollte der Stadtrat sich dringend mit einer Alternative zu dem bisherigen Entwurf des Bebauungsplans Nr. 126 beschäftigen.
Aus diesem Grund hatte die BIZ-Fraktion beantragt, den in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. 126 "Café Rheinanlagen und angrenzende Bereiche" dahingehend zu ändern, dass die maximal zulässige Gebäudehöhe (§ 9 Abs. 3 BauGB) mit lediglich bis zu zwei Geschossen festgesetzt wird. Einem solchen Vorgehen liegt folgende Überlegung zu Grunde:
Mit dem städtebaulichen Konzept der Lennéschen Rheinanlagen wäre eine mehr als zweigeschossige Bebauung nicht in Einklang zu bringen. Dies hatte bereits der Stadtrat im Jahre 1989 erkannt, in dem er nur an den Investor verkaufen wollte, der sich dazu bereit erklärt, nur maximal zweigeschossig zu bebauen. So wurde dann auch die damalige Verkehrswertermittlung für die Verkaufspreisfestsetzung auf der Grundlage einer maximal zweigeschossigen Bebauung gemäß dem Beschluss aus dem Jahre 1989 vorgenommen.
Die Festsetzung der Höhenlage auf bis zu maximal zwei Geschosse bietet sich zur Sicherung des Stadtbildes an und entspricht im Übrigen der Historie für das Zustandekommen des strittigen Kaufvertrages von 1989.
Durch Festsetzung der Höhenlage wird sichergestellt, dass nicht durch bestimmte Anordnungen der Gebäude eine unerwünschte Höhe der baulichen Anlage erreicht wird. Denn Bauvorhaben, die sich nicht an die gegebene Höhenlage halten, sind nicht genehmigungsfähig. Die Festsetzung der Höhenlage ist aus Sicht der BIZ-Fraktion städtebaulich notwendig.
In der Stadtratsitzung vom 16. September 2010 wurde Seitens der Verwaltung dann vorgeschlagen, das Anliegen der BIZ-Fraktion aufzugreifen und die Machbarkeit eines solchen Bebauungsplanes zu prüfen. Die Verwaltung schlug vor, dem Stadtrat dann in der nächsten Stadtratsitzung die Ergebnisse der Prüfung präsentieren zu wollen. Die BIZ-Fraktion hat diesen Vorschlag übernommen und der übrige Stadtrat hat der Vorgehensweise ebenfalls zugestimmt. Damit ist ein neues Kapitel im "Kampf ums Café" eröffnet. Es bleibt abzuwarten welches Ergebnis die Verwaltung dem Stadtrat in der nächsten Sitzung präsentieren wird.

Steuermillionen für „Kulturbau“ sollen angeblich für einen Bildungsschub sorgen

Zentralplatz

Am 15. September 2010 lud Oberbürgermeister Hofmann-Göttig Koblenzer Bürger in den Historischen Rathaussaal ein. Vorgestellt wurde dort u. a. der aktuelle Planungsstand zum Projekt "Forum Mittelrhein". Neben Vertretern des Investorenunternehmens ECE (Betreiber des Löhr-Centers und des geplanten Shopping Centers auf dem bisherigen Zentralplatz) und dem Architekt sprachen der Gastgeber Hofmann-Göttig sowie der Koblenzer Kulturdezernent Knopp. Dieser widmete die ersten Minuten seiner Rede nicht etwa dem neuen Projekt "Forum Mittelrhein", sondern der aktuellen Situation von Schul- und Kultureinrichtungen in der Stadt, um dann zu argumentieren, der "Kulturbau" auf dem Zentralplatz, der die Steuerzahler mindestens rund 95 Millionen Euro kosten wird, leite einen wichtigen Beitrag für die Verwirklichung des Bildungsauftrags – aha! Als weiteren Grund nannte der Kulturdezernent den erheblichen Sanierungsstau der bisherigen Gebäude (Stadtbibliothek und das Mittelrhein-Museum sollen nämlich in den "Kulturbau" umziehen). Müssen denn die Gebäude, die nun leer werden, nicht saniert werden? Hierzu gab es keine Information. Die Frage ist aus städtebaulicher Sicht und aus Sicht der Stexuerzahler jedoch ganz wesentlich, auch und gerade im Kontext des neuen "Kulturbaus". Der Kulturdezernent rechnet nach Umzug der Einrichtungen in den neuen Glasbau auf dem Zentralplatz übrigens mit einem erheblichen Anstieg der Besucherzahlen und verwies auf den Neubau der Stadtbibliothek in Ulm (architektonisch als Glaspyramide gestaltet und in innerstädtischer Lage). Wir werden sehen, ob sich die Prognose des Kulturdezernenten erfüllen wird.